„Jazz" als musikalische und individuelle künstlerische Ausdrucksform beinhaltet immer sowohl das Erlernen und Weiterführen der Tradition als auch die Suche nach neuen Möglichkeiten des Ausdrucks, dem Überschreiten von Grenzen und der Zusammenführung unterschiedlicher musikalischer Strömungen.
Die Vermittlung von Tradition für das Verständnis der Geschichte, Sprache und Ausdrucksweise des Jazz im Sinne von Gustav Mahler – „Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche" – ist somit wichtiger Bestandteil der Ausbildung. Es gilt aber auch, dem forschenden Gedanken und dem Experiment genügend Raum zu schaffen, um so Weiterentwicklungen nicht nur zuzulassen, sondern zu initiieren und zu fördern.
Der neue Bachelorstudiengang Jazz an der Hochschule für Musik und Theater München möchte seine Studierenden durch ein gezieltes Modulangebot in Kombination mit einem vielseitigen Wahlpflichtfachbereich in gleichem Maße zu künstlerischen Persönlichkeiten machen wie sie zu professionellen Musikern und Pädagogen mit Zukunftsperspektiven auszubilden.
Im Mittelpunkt der Ausbildung steht als Lehr- und Lernprinzip die Hinführung der Studierenden zur Übernahme von Verantwortung in einem berufsbezogenen Studium, das den instrumentalen Anforderungen gerecht wird und grenzüberschreitendes Arbeiten ohne musikalische Berührungsängste erwartet.
Die Ausbildung zum professionellen Musiker beinhaltet neben dem Unterricht im künstlerischen Kernfach vor allem auch die künstlerische Praxis mit Schwerpunkt Orchester und Ensemblespiel. Die Vermittlung wichtiger Technologien wie in den Fächern Musikrealisation am Computer, Tonstudio und die Aneignung von Kenntnissen in den Bereichen Selbstmanagement und Musikbusiness dürfen in einer modernen, zukunftsorientierten Ausbildung nicht fehlen. Weiterhin soll der individuelle Ausdruck durch intensiven Unterricht in den Bereichen Komposition, Arrangement, Improvisation und Advanced Improvisation, aufbauend auf den Theorie- und Gehörbildungskursen, gefördert und vervollkommnet werden. Internationale Workshops mit zeitgenössischen Jazzgrößen sowie die Zusammenarbeit in teils interdisziplinären Projekten mit der Filmmusik, Klassik und der Neuen Musik eröffnen den Studierenden immensen musikalischen Weitblick und offene Perspektiven.
Die Stadt München, als nicht nur kulturell attraktiver Standort, bietet ein vielfältiges Angebot an Auftrittsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Hochschule. Der Gasteig mit seinen unterschiedlichen Konzertsälen mit großem Publikumsinteresse bietet gerade dem Studiengang Jazz eine enorme Öffentlichkeit. Clubs, Musikbühnen, wöchentliche Sessions und Festivals ermöglichen den Studierenden schon während ihrer Ausbildung, Bühnenerfahrung zu sammeln. Neben essentiellen musikalischen Erfahrungen unterschiedlichster landestypischer Prägung soll effektive internationale Vernetzung vor allem auch langfristig wichtige Anknüpfungspunkte nach dem Verlassen des Institutes bieten.
Der Jazz hat nicht nur seine eigene Identität gefunden, sondern steht in seiner unmittelbaren Frische im offenen Austausch mit der gesamten Musikwelt. In einem Klima des experimentellen Aufbruchs ist es möglich, im Jazz Institut einen neuen Kristallisationspunkt des Jazz – nicht nur in Europa – sondern von internationaler Bedeutung zu schaffen.
Prof. Claus Reichstaller