Foto (v.l.n.r.): Elias Prinz, Ida Koch, Jean-Baptiste Delattre beim KMJA 2023 in der Isarphilharmonie, ©Gregory Giakis
Immer noch verarbeite ich die unzähligen Eindrücke meines Sommerstudiums am Berklee College of Music in Boston, USA. Es war eine sehr spannende Zeit und ich möchte mich von Herzen bei Camilo Dornier, Claus Reichstaller und der Musikhochschule München für diese tolle Möglichkeit bedanken!
Nach einem ruhigen Flug und der Ankunft im Campus-eigenen Housing in Boston war es obligatorisch noch einige Einstufungstests zu machen, für Gehörbildung, Rhythmik, Harmonielehre, Blattlesen und Hauptfach Jazzgitarre, um dann den entsprechenden Kursen und Combos zugewiesen zu werden. Durch die Einstufung in ein recht hohes Level war ich maximal gefordert und konnte viel Neues kennenlernen. Am Anfang war es etwas schwer für mich Anschluss zu finden, aber nach ein paar Tagen habe ich sehr viele nette Leute kennengelernt und Freundschaften geknüpft. Sehr ungewohnt war allerdings für mich, wie in den USA üblich, sich den „Dormroom" mit bis zu 3 Zimmergenossen zu teilen. Da bin ich von meiner Wohnung des Münchner Musikstudenten Wohnheims doch anderes gewohnt gewesen.
Der Berklee Campus ist sehr groß und über 2 große Straßen auf mehrere Gebäude verteilt. Die Verpflegung in der Cafeteria war sehr vielfältig und abwechslungsreich, man hatte zu jeder Tageszeit, abgesehen von den Hauptspeisen, immer Zugriff auf frischen Salat, Obst und Gemüse. Es haben sich aber auch einige meiner Amerika-Kulinarik-Klischees bestätigt.
Ich hatte meinen Hauptfach Unterricht bei Jazzgitarrist Mark White, der selbst Schüler von Jazzgitarrenlegende Joe Pass war. Der Unterricht war wirklich ausgezeichnet. Zu meiner Freude habe ich nochmal zwei zusätzliche Unterrichtsstunden gegen Ende des Programms, nach einem Treffen mit dem Berklee Guitar Department bekommen.
Der Gehörbildungsunterricht, tonal wie rhythmisch, war besonders intensiv, da er täglich stattfand. Einige Themen waren neu für mich, wie zum Beispiel Solfege Unterricht mit "beweglichem Do". Die rhythmische Gehörbildung war auf höchstem Niveau, solch einen guten Unterricht hatte ich vorher wirklich noch nie. Natürlich war alles in englischer Sprache, was mich noch zusätzlich gefordert hat und ich so meine sprachlichen Kenntnisse verfeinern konnte.
Der Dozent war sehr sympathisch und ein ausgesprochen guter Pädagoge, der Unterricht war sehr gut strukturiert und durch die Regelmäßigkeit hatte ich einen schnellen Lernfortschritt.
Der Harmonielehre Unterricht war vom System ähnlich wie an unserer Hochschule, deshalb war mir vieles schon bekannt. Ich konnte aber so zum Abschluss meines Bachelors (In München) alles Gelernte der letzten 4 Jahre nochmal vertiefen und zusätzlich in einer anderen Sprache wiederholen.
Sehr gut gefallen hat mir der Kompositions- und Arrangement Unterricht. Er war trotz einer sehr großen Gruppe übersichtlich strukturiert, sehr inspirierend und interessant. Wir haben Techniken gelernt, um Komponieren im Jazz Kontext wirklich trainieren und üben zu können. Das Motto war nicht auf die Kreativität zu warten, sondern sie durch gezieltes, spielerisches Komponieren nach selbst gestellten Vorgaben aufzuwecken.
Abends gab es in den Übe-Räumen in meinem Housing immer ausschweifende Jazz Sessions, wo sich viele tolle internationale Begegnungen ergeben haben. Es gab einige ausgesprochen gute Jazzmusiker, mit denen ich viel gespielt habe, da wir uns für ähnliche Musik begeistern konnten. Genauso habe ich auch viel von anderen Stilrichtungen mitbekommen. Besonders beeindruckte mich eine Gruppe, die traditionelle indische Musik mit Jazz/Fusion Einflüssen spielte, sowie einzelne Studierende mit traditionellen Instrumenten aus diversen Kulturen unserer Erde.
Generell kann ich sagen, dass mit das Beste am Berklee College of Music, neben dem hochkarätigen Unterricht, die erstaunliche Diversität und kulturelle Vielfalt ist. Es waren Studierende aus allen Ländern und Kulturen der Welt dort vertreten, mit denen es einen ganz natürlichen Austausch gab. Das hat mich sehr begeistert in menschlicher wie musikalischer Hinsicht.
Zum Abschluss des Programms gab es eine Woche voller Abschluss-Konzerte und Aufführungen aus allen Studienrichtungen: Jazz, Musical, Tanz, Theater, Pop, Rock etc… Diese haben auf den vielen unterschiedlichen Bühnen des Berklee Campus stattgefunden und waren wirklich beeindruckend.
Im Anschluss an Boston reiste ich mit dem Zug nach New York City, um dort noch 10 Tage zu verbringen. Ich hatte das Glück, Pasquale Grasso, einen der herausragendsten Jazzgitarristen unserer Zeit, gleich 3 mal live zu hören. Auch alle anderen Konzerte, die ich besuchte, waren welche der besten Konzerte, die ich je gehört habe. Die Unterkunft Situation war etwas schwierig in New York, ich musste mein Airbnb wegen Ungeziefer-Befall gleich 2 mal wechseln, fand aber die letzten Tage Beherbergung bei einem sehr netten Jazzgitarristen, der meinen Aufruf auf Facebook gelesen hatte. Er hat mich auf Konzerte und Sessions mitgenommen und mir die Stadt so gezeigt, wie sie mir nur ein Musiker vor Ort zeigen konnte
Meine Reise nach Amerika für das Sommerstudium am Berklee College of Music in Boston war eine wirklich spannende und bereichernde Erfahrung, von deren erstklassigen Unterricht und den internationalen Freundschaften ich noch lange profitieren werde.